Die Herkunft der Robe als "Amtstracht"

Es war Friedrich Wilhelm, von Hohenzoll.
Der hegte gegen Anwälte leichten Groll
und Verstand insoweit auch wenig Spaß
drum verfügte er 1726 durch einen Erlass:

Wir befehlen hiermit allen Ernstes und ordnen an,
damit man sich vor diese Spitzbuben hüten kann
und sie auch von weitem gleich erkennen solle,
tragen Advocati Mäntel aus derber Wolle.
Knapp bis unter das Knie, so ich jetzt befehle,
und rabenschwarz wie der Advocati Seele.

(Frei übersetzt und in Versform gebracht)

Originaldekret: "Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt."

Im Laufe der Zeit war die“ Amtstracht der Juristen“ immer wieder Gegenstand verschiedener Verordnungen. Nach einer Rechtsverordnung des Justizministeriums vom 2. und 3. Januar 1849 wurde folgendes festgelegt: "Die Amtstracht der Richter, Staatsanwälte, Gerichtsschreiber und Rechtsanwälte soll aus einem schwarzen Gewande, weißer Halsbinde und schwarzem Baret bestehen. Das bis über die Mitte des Unterschenkels herabreichende faltenreiche, mit weiten offenen Aermeln versehene und vor der Brust zu schließende Gewand wird aus Wollstoff gefertigt. Um den Hals läuft ein 16 Centimeter breiter Besatz in Form eines flach anliegenden Ueberschlagkragens, welcher sich an den Vorderseiten des Gewandes bis zum unteren Rande desselben in 11 Centimeter Breite fortsetzt. Die Aermel zeichen am unteren Rande einen Besatz von 8 Centimeter Breite. Der Besatz ist für die Richter und Staatsanwälte von schwarzem Sammet, für die Rechtsanwälte von schwarzer Seide.

Das Amtsgewand der Gerichtsschreiber hat einen schmalen Umschlagkragen und ist ohne Besatz. Das Baret besteht aus einem rund geschnittenen und leicht gefalteten Kopfteile von schwarzem Wollstoff, um welchen sich ein nur am unteren Theile befestigter, oben aber frei abstehender und an beiden Kopfseiten mit einem dreieckigen Einschnitt versehener steifer Rand von 8 Centimeter Breite herumlegt. Die Bekleidung des Randes ist für die Richter und Staatsanwälte: schwarzer Sammet; für die Rechtsanwälte: schwarze Seide; für die Gerichtsschreiber: schwarzer Wollstoff. Das Baret ist ferner an dem oberen Theile des Randes zu umlaufend garnirt:

a) für die Präsidenten der Oberlandesgerichte: mit zwei goldenen Schnüren (Bordage) von zwei Millimeter Breite;

b) für die Senatspräsidenten der Oberlandesgerichte und die Oberstaatsanwälte: mit einer goldenen Schnur von derselben Breite;

c) für die Präsidenten der Landgerichte: mit zwei silbernen Schnüren von derselben Breite;

d) für die Direktoren und die Ersten Staatsanwälte bei den Landgerichten mit einer silbernen Schnur von derselbsen Breite." Das Barrett entfiel durch Allgemeinverfügung des Reichsjustizministers vom 26.06.1936. Die Robe als Amtstracht blieb jedoch aufrechterhalten. Die Robe ist nicht zu verwechseln mit dem Talar: Amtstracht ist die Robe, nicht des Pfarrers Talar, das kann man leicht verwechseln, das ist wohl wahr. Doch dem Pfaffen geht es um des Sünders Bekehrung, der Jurist ist schon zufrieden mit etwas Bewährung.

Das Bundesverfassungsgericht, immerhin die höchste Instanz in der deutschen Gerichtsbarkeit, entschied 1970, dass es ein bundeseinheitliches Gewohnheitsrecht darstelle, dass Rechtsanwälte vor den Landgerichten und höheren Gerichten auch in Zivilsachen verpflichtet seien, in der Robe aufzutreten. Bis zum heutigen Tag ist in manchen Bundesländern zwingend vorgeschrieben, dass Richter, Staatsanwälte und Anwälte in der Robe an der Verhandlung teilzunehmen haben.

Ein Richter kann einen Anwalt, der ohne Robe erscheint, von der Verhandlung sogar ausschließen, was dann zur Folge hat, dass in Verfahren, in denen die Parteien nur mit einem Anwalt auftreten dürfen, für säumig erklärt werden, wodurch das Verfahren verloren werden kann. Im Jahr 2006 entschied das Oberlandesgericht München, dass ein Rechtsanwalt, der im Zuständigkeitsbereich der bayerischen Justiz als Verteidiger auftritt, unter der schwarzen Robe zwingend ein weißes Hemd und eine weiße Halsbinde zu tragen habe. Auch die Berufsordnung der Rechtsanwälte befasst sich mit der Robe. In § 20 BORA ist geregelt, dass der Rechtsanwalt vor Gericht als Berufstracht die Robe zu tragen hat, soweit dies üblich ist. Jedoch besteht keine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe beim Amtsgericht in Zivilsachen. Vor den Strafgerichten ist es auch heute noch flächendeckend üblich, dass zur Robe eine Krawatte getragen wird. Eine Verpflichtung dazu lässt jedoch aus dem anwaltlichen Berufsrecht nicht entnehmen.

So sei denn die Frage gestattet, wozu das Ganze? Symbolisiert ein Stück schwarzen Stoffs etwa das Rechtssystem? Macht es den Träger gar weiser?

Die Antwort ist - wie so oft - es kommt darauf an! Schaut man sich die Durchschnittsrobe der Anwälte an, fällt auf, dass jüngere Anwälte meist eine recht ansehnliche Robe tragen, wohingegen bei älteren Anwälten der Zahn der Zeit an der Robe zuweilen ebenso genagt hat, wie am Träger selbst. Die Robe selbst ist ein bedauernswertes Stück Stoff. Meist recht unachtsam und hektisch zusammen geknüllt, fristet sie einen großen Teil ihres Daseins in dunklen Taschen oder Koffern. Manche dieser Art geschützten Objekte verbringen sogar die meiste Zeit im Kofferraum wechselnder PKW Modelle, unmittelbar neben Verbandskästen, Warndreiecken und allem möglichen Hausrat. Die etwas besser behandelten Artgenossen werden zwar nach Rückkehr von einem Termin sorgsam in der Kanzlei aufgehängt, müssen sich dann aber den ganzen Tag Dinge angehören, die man sich eigentlich nicht freiwillig anhören mag, es sei denn man verdient sein täglich Brot damit.

Gereinigt werden die Roben in der Regel nie, allenfalls dann, wenn sich Kaffeeflecken und Essensreste nicht ohne weiteres auf der Gerichts- oder Kanzleitoilette mittels Papierhandtücherrn oder schlimmeren Hilfsmitteln entfernen lassen. Da die durchschnittliche Robe aufgrund ihres hohen Wollanteils - nur Schafe mit Abitur werden dazu verwendet - einem strikten Waschmaschinenverbot unterliegt, bleibt in solchen Fällen nur ein Bad in der chemischen Reinigung, was zumindest jeglichen Rest von Gerichtsmief entfernt. Der anschließend durchzuführende Bügelvorgang hat jedoch schon so mancher Robe im Kragenbereich zu einer Verfärbung verholfen, die ob ihres Glanzes und Farbschattierungen an eine bestimmte recht lästige Mückenart erinnert.

Die Robe ist in vielen Teilen der Welt eine traditionelle Standestracht juristischer Funktionsträger. Sie wird als Sinnbild gerichtlicher Würde und als optisches Abgrenzungsmerkmal verstanden. Einerseits verdeckt sie den darunter befindlichen Privatmenschen und kehrt damit dessen Funktion als Organ der Rechtspflege hervor. So soll sie das Bewusstsein stärken, dass juristische Funktionsträger nicht in eigener Sache agieren, sondern entweder als Entscheidungsträger oder als Sachwalter fremder Interessen.

Ähnlich wie die aus anderen Ländern bekannte „Schuluniform“, soll die Robe den grundrechtlich gesicherten Gleichheitssatz bestärken, wonach deren Träger vor Gericht grundsätzlich in ihrer jeweiligen Funktion gleichgestellt sind, unabhängig vom sozialen Hintergrund, der oftmals am Wert der Bekleidung abzulesen ist. Vor Gericht sollen alleine das Verhalten und das gesprochene Wort zählen. Diese beiden Attribute prägen die Verteidigung und den Vortrag. Darüber hinaus gilt es mit der Robe eine optische Grenze zu ziehen, zwischen den unmittelbar am Prozess beteiligten Personen und demjenigen, die im Rahmen ihrer jeweiligen Funktion in der Rechtspflege diesen führen.

Nur schlauer macht die Robe deren Träger leider nicht.